Gehölzschnitt


Schnipp schnapp - Zweige ab!

Wir schreiben das Jahr 2021. Ein gewöhnlicher Garten. Eine Amsel zwitschert, ein paar Fliegen spielen Fangen, ein laues Lüftchen weht über die Grasnabe. Da plötzlich, ein Geräusch. Tripp, trapp, tripp, trapp. Trrt trrrrrt. trrrrrrrrrrRRRRRRRRRRROAAAAARRRRR!!!!! Sieh an, eine benzinbetriebne Heckenschere! Womit wir bei der Rollenverteilung im Garten sind - WER übernimmt im Jahr 2021 eigentlich WELCHE Aufgaben? Die Antwort dürfte in 99 Prozent der Fälle eigentlich die gleiche sein wie vor 50 Jahren. Die Frau übernimmt die Planung und alles, was blüht. Der Mann übernimmt alles, was laut, aus Metall und zumindest benzinbetrieben ist. Sprich: Rasenmäher, Heckenschere & Co.

 

UND  er kümmert sich um den Gehölzschnitt. Man(n) weiß schon, was zu tun ist. Ein Buch oder gar den Rat eines Besserwissenden braucht 

er nicht. Schließlich ist ER ja der besser Wissende! Und daher sehen wir auch in 99% der Gärten den sogenannten "Hausmeisterschnitt". Alles, was Äste hat und kein dicker Baum ist, wird mindestens jährlich auf Brusthöhe gekappt. Dabei wäre es mindestens genauso einfach, es richtig zu machen. Wobei "richtig" natürlich relativ ist. Die Natur verzeiht vieles. Sogar den Hausmeisterschnitt. Allerdings bringt der oftmals Probleme mit sich. Er sorgt nämlich dafür, dass Haselnüsse zu hunderttriebigen Monstern heranwachsen und Frühjahrsblüher das Blühen verlernen.

 

Das Thema Schnitt füllt ganze Bücher, von denen es einige gute und auch viele weniger brauchbare gibt. Hier kommen meine Tipps und Erfahrungswerte, denn auch ich musste das erst einmal lernen. Als Grundregel gilt:



 Wo möglich, NICHT schneiden!


Besser ist es, die Gehölze gleich so zu pflanzen, dass ihre volle Größe entfalten dürfen. Ein paar Häuser weiter befindet sich ein sehr kurzer Vorgarten, so dass zwischen Haus und Fußweg vielleicht nur drei Meter Platz sind.  Trotzdem wurden hier Gehölze gepflanzt, die bis zu vier Meter und mehr hoch und entsprechend breit sind. Da diese nach drei, vier Jahren viel zu groß geworden waren, wurden sie von da an einfach alle nach Hausmeisterart behandelt. es sieht aus, als hätte jemand seinem Kombi den Kofferraum abgesägt, weil er jetzt eine kürzere Garage hat. Besser wäre an dieser Stelle z.B. eine Hainbuchenhecke gewesen oder einfach nur Stauden.

 

Zweite Regel: Totholz darf entfernt werden. Der Strauch veraltet dann nicht so schnell. Besonders Weigelien, Deutzien und viele Spieren lassen ältere Triebe absterben. Wem das optisch kein Makel ist, kann diese natürlich stehen lassen, die Vögel freuen sich, in dem dichten Gestrüpp ihre Nester bauen zu können. Lichtet man die Gehölze hingegen alle zwei bis drei Jahre aus, hat man länger was von Ihrem schönen Wuchs. Abgestorbebe Triebe (die, die im Vorjahr keine Blätter mehr trugen) werden so dicht wie möglich am Boden entfernt. Dazu eignet sich z.B. eine japanische Säge, die auf Zug arbeitet. Sollte sowieso jeder Gärtner besitzen. Gute Modelle gibt es schon für 30 Euro.

 

Vorsicht, manche Sträucher entwickeln kein Totholz, diese sollte man dann auch nicht schneiden. Ein gutes Beispiel ist die wunderschöne Felsenbirne. Dann sollte man sich aber schon beim Pflanzen die finale Größe vor Augen führen. Bei der  Felsenbirne können das locker bis zu 8 Meter werden. Und das ist dann schon ein zweigeschossiges Haus. Mit Dachboden. Ich habe bei uns übrigens eine Felsenbirne umgepflanzt, die an der Nordseite nur einen Meter neben dem Haus stand. Weil sie zu groß wurde (war bestimmt schon 10 Jahre alt), kam der "Hausmeister". Ich habe dann zunächst einige der falsch geschnittenen Äste bis auf den Boden heruntergeschnitten und den Strauch an eine Stelle in der Sonne mit etwas Halbschatten umgepflanzt. Hat glücklicherweise geklappt. Es geht ihr nun deutlich besser.

Vorsicht walten lassen sollte man insbesondere bei Haselnuss und Holunder. Werden diese geschnitten, reagieren sie sehr trotzig und treiben vielfach aus. Und die entsprechende Menge Zweige wird auch weiter unten als Wurzeln gebildet. Das weiß, wer schon mal eine Haselnuss ausgegraben hat. Ich zum Beispiel. Es ist sehr frustrierend, wenn man drei Tage lang versucht, einen Strauch auszubuddeln. Der lacht sich schon tot, bevor ich ihn erledigt habe.

 

Es gibt Sträucher, die fordern den Schnitt geradezu heraus. Ich habe viele Spieren, die ich jedes Jahr um die Hälfte bis 2/3 zurückschneide. Auch der Sommerflieder (Buddleja) ist so ein Kandidat. Von ihm lasse ich sogar gerade mal 30 Zentimeter stehen. Das nennt man "Auf den Stock setzen". Im Spätsommer ist er dann wieder auf zwei Meter gewachsen und sieht aus, als hätte ich das Schneiden in diesem Jahr mal vergessen.

 

So, und wie schneide ich nun all diese Sträucher? Zunächst einmal brauche ich eine scharfe Bypass-Gartenschere. Bei der Bypass-Schere gleitet die Klinge am Gegenstück vorbei (im Gegensatz zur Ambossschere). Die meisten Gartenscheren sind so. Dann nehme ich mir einen Trieb und schneide ihn "auf ein Außenauge", d.h. ich suche ein Auge (das sind leicht verdickte Stellen, oftmals mit einer Art Ring um den Zweig), das nach außen zeigt und schneide etwa 1 cm darüber schräg vom Auge in Richtung Strauchinneres ab. Die Zeichnung verdeutlicht es. Ist der Strauch sehr dicht gewachsen, kann man die ältesten (dicksten) Triebe bodennah abschneiden. Klingt komplizierter, als es ist. Man lernt dabei schnell.


Exemplarisch: Schnitt einer (Blasen)spiere.
Exemplarisch: Schnitt einer (Blasen)spiere.
Im Spätwinter stark zurückgeschnittener Hartriegel.
Im Spätwinter stark zurückgeschnittener Hartriegel.

Als Schnittzeitpunkt wähle ich den ausgehenden Winter, aber im Prinzip lassen sich Gehölze vom Laubabwurf bis vor dem Austrieb gut schneiden. (Nur nicht bei Frost.) Der Vorteil des Winterschnitts ist, dass sich dann die Wuchsform gut erkennen lässt und man der Pflanze keine Kraft nimmt, weil diese größtenteils in die unterirdischen Bereiche gewandert ist. Der Schnitt im Winter fördert den Wuchs. Wer den Wuchs einer Pflanze nicht zusätzlich durch den Schnitt fördern will, wählt einen möglichst späten Zeitpunkt vor dem Austrieb oder noch besser einen Sommerschnitt (etwa August). Dann ist das Wachstum der Pflanze abgeschlossen und sie fängt an,

 Stoffe einzulagern. Besonders wichtig ist dies beim Walnussbaum, aber auch bei anderen Obstgehölzen kann das ein Vorteil sein. Erst NACH der Blüte im Frühjahr schneiden sollte man alle winter- und frühblühenden Gehölze wie die Forsythie, da man sonst die Blütenansätze entfernt und der Strauch schwach oder gar nicht blüht.

 

Hortensien, Immergrüne Sträucher, Laubbäume, Nadelgehölze und Obstbäume sind  Exrtathemen, dem ich mich ggf. an anderer Stelle widmen werde.

 



Hier nochmal ein Überblick über einige der gängigsten Sträucher und Gehölze:

 

Nicht beschneiden:

z.B. Felsenbirne, Kornelkirsche, Federbuschstrauch, Liebesperlenstrauch, Spierstrauch, Schneeball

 

Nur ggf. verjüngen:

z.B. Weigelie, Deutzie, Holunder, Haselnuss

 

Regelmäßig im Winter zurückschneiden:

z.B. Blasenspiere, Perlmuttstrauch, Zwergdeutzie, Falscher Jasmin, Blutjohannisbeere, Rispenhortensie

 

Jedes Jahr auf den Stock setzen:

z.B. Sommerlflieder, Gartenhibiskus, Fingerstrauch, einige Hartriegel


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