Nachhaltigkeit


Unser (alter) Gemüsegarten im Jahr der Neuanlage, 2015.
Unser (alter) Gemüsegarten im Jahr der Neuanlage, 2015.

Gemüse für alle!

Ich möchte heute eine Lanze brechen für den Gemüsegarten - oder vielleicht eher eine Karotte. Das Thema Nachhaltigkeit ist heute zurecht in vieler Munde. Man spricht in diesem Zusammenhang  über Plastikverpackungen, Zerstörung des Regenwalds, Nicotinoide in der Landwirtschaft. Noch nie habe ich dabei vom Gemüsegarten gehört. Dabei ist für mich der Gemüsegarten Nachhaltigkeit 'par excellence'.

 

Es geht um das Prinzip der kurzen Wege – eiine Möhre, die 20 m von meiner Küche entfernt wächst, muss nicht aufwändig in Folie verpackt, auf Paletten gestapelt, in den Supermarkt transportiert und von dort mit dem Auto wieder abgeholt werden. Ich habe gerade mal überschlagen, dass unser Haus im Jahr etwa 60-70 gelbe Säcke verlassen.  Ein Großteil davon gefüllt mit Verpackungen von Salat, Gurken, Paprika, Kartoffeln usw. Absurderweise ist besonders Bio-Gemüse häufig in Plastik eingepackt.  Als müsste man die Bio-Paprika vor den bösen Ausdünstungen der konventionell produzierten Gurke schützen.

 

Nach dem Krieg, also grob gesagt in den Fünfzigern, hatten unsere Großeltern alle einen Gemüsegarten. In den Städten waren dies die Schrebergärten – die nicht zum Grillen und fürs Feierabendbier genutzt wurden, sondern die Nahrungsgrundlage für die gebeutelten Familien lieferten. Kurz darauf probagierte die Werbewirtschaft eine neue Welt: Fertigprodukte in der Küche, Mikrowelle, Tiefkühlfach & Co. sollten "der Hausfrau das Leben erleichtern". In Teilen mag das gelungen sein. Die Kehrseite der Medaille war, dass der  Gemüsegarten zunehmend als Belastung gesehen wurde. Zumal er in

 den Städten oftmals weit weg vom Haus lag. Wozu also noch die Zeit mit dem Anbau von Rosenkohl verschwenden, wenn es diesen doch nun fertig gewaschen, verpackt und tiefgefroren im Supermarkt gab. Irrsinnig praktisch.

 

Dem Gemüsegarten haftet bis heute oftmals dieser Makel an. Einige – immer noch wenige – Weltverbesserercharaktere haben erkannt, wie gesegnet ist, wer einen Garten sein eigen nennt und und sich die Zeit nehmen kann, dort Obst und Gemüse anzubauen. Biogemüse steht zwar überall hoch im Kurs, aber ob die in Plastik verschweißten Bohnen aus Ägypten jetzt wirklich so "Bio" sind? Wir sind es ja mittlerweile gewohnt, jederzeit die volle Palette der Naturalien zur Verfügung zu haben. Inzwischen stehen bei Edeka im Eingangsbereich selbst im Winter Erd-, Him- und Heidelbeeren in der Kühlung. Wenn auch etwas teurer. 

 

Nun muss es ja nicht immer der Selbstversorgergarten mit Frühbeet und Erdkeller sein. Und ich habe auch nichts gegen Bananen aus Ecuador, sie gedeihen nun mal (noch) nicht sehr gut bei uns. Aber würden wir alle ein paar Quadratmetern Rasen gegen Beete für Bohnen, Kartoffeln und anderes einfach zu ziehendes Gemüse eintauschen, wäre der Welt doch sehr geholfen. Und wenn wir nochmal ein paar Quadratmeter Garten gegen Ganzjahres-Staudenbeete eintauschen würden, hätten wir auch noch der Insektenwelt geholfen. Die ja wiederum uns helfen. Aber das ist ein anderes Thema.