Es ist schon seltsam. Würde man einen Häuslebauer fragen, was denn das Wichtigste an einem Haus sei, wäre dann die Antwort: "Dass es leicht zu putzen ist"? Oder wenn man jemanden fragen würde, was er sich von dem Konzert am Abend erhofft, wäre die Antwort dann: "Dass es schnell vorbei geht"? Das wäre doch höchst seltsam. Fragt man aber Leute, die sich ein Haus mit Garten zulegen, was Ihnen denn das Wichtigste am Garten sei, so wird man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu hören bekommen: "Dass er pflegeleicht ist". So? Komisch, meine Antwort wäre eher so etwas wie "...dass ich mich jeden Tag aufs neue freue, hier meine Zeit zu verbringen, dass er mein Sommerwohnzimmer ist, ich ständig neues entdecken kann und er ein Refugium für Tiere, Pflanzen und Menschen ist". Naja, so ist jeder Mensch verschieden.
Was aber ist pflegeleicht? Das Nonplusultra der pflegeleichten Gärten scheint momentan der Kiesgarten zu sein. Wobei es Kies-"platz" meist besser treffen würde. Dafür bestellt man einen Vierzigtonner, der seine Ladung Schotter auf eine zuvor verlegte perforierte Plastikfolie kippt. Dann kommen noch ein Chinaschilf und drei Edelstahlkugeln hinein - voilà. Soweit der Vorgarten. Auf der Terrassenseite möchte die Freundin der Außenkultur dann doch meist etwas mehr grün. Hier bedeutet "pflegeleicht" in der Regel Rasen. Umgeben entweder von einer immergrünen Kirschlorbeerhecke oder einem Streifen Rindenmulch, in dem Hortensien und Rhododendren vor sich hin kümmern.
Ist es die Angst vor Unkraut oder davor, sich mit der Welt der Planzen beschäftigen zu müssen? Ich denke, es ist meistens Unwissen. Denn wenn man es genau durchkalkuliert –der "pflegeleichte Rasen" kostet im Sommer jede Woche Zeit, weil er ja bekanntlich gemäht werden muss. Wass dann wiederum der gärtnernde Mann als "Gartenarbeit" versteht. Zugegeben, besonders anspruchsvoll ist das nicht. Aber laut. Die Nachbarn hören, dass ich arbeite. Das ist wichtig. ICH bin wichtig. Hat man natürlich einen selbstständig arbeitenden Rasenmäher, ist der Rasen wirklich relativ pflegeleicht. Bis auf die Tage, wo er gedüngt, gewässert, vertikutiert, gelüftet, gesandet oder von Löwenzahn befreit werden muss.
Was die meisten Leute nicht wissen: Ein schlau angelegtes Staudenbeet macht im Laufe des Jahres viel weniger Arbeit als der als so pflegeleicht propagierte Rasen.
Fassen wir mal zusammen, was man bei 50 Quadratmetern Beet etwa an Zeit verbraucht:
Nach diesen roundabout 4 Stunden Gartenworkout kann ich mich eigentlich für den Rest des Jahres zurücklehnen. Den Rest übernehmen die Pflanzen. Sie sind Profis und kennen sich mit dem Wachsen und Blühen aus. Voraussetzung dafür, dass diese Rechnung aufgeht, ist dass ich naturnahe Stauden standortgerecht pflanze. Wenn ich unbedingt Dahlien, hochgezüchtete Rosen und dergleichen brauche, werde ich desöfteren im Beet zu finden sein. Selbst das Wässern ist bei naturnahen Pflanzungen in der Regel nicht nötig. Wie gesagt, die Pfanzen sind Experten und werden auch in freier Wildbahn nur von den Wolken gegossen.
Schauen wir nun auf den Gegner im RIng, die 50 Quadratmeter Rasen:
Macht summa summarum 25 Stunden. Grob überschlagen nach meiner Erfahrung. Es steht also 4:25 für die Stauden. Ein glatter K.O.-Sieg. Natürlich braucht man meistens sowieso einen Rasenmäher und in manchen Jahren muss man vielleicht auch weniger mähen. Aber trotzdem, die Mär vom pflegeleichten Rasen ist widerlegt. Und auch der Kiesgarten macht nur so lange Freude (das zu schreiben, widerstrebt mir), wie sich keine Unkrautsamen dorthinein verirren, kein Laub dort verschwindet und zu Erde wird und solange man den Kies nicht entsorgen muss, weil man nach 10 Jahren Blick auf eine graue Fläche doch Lust auf eine andere Farbe hat. Grün zum Beispiel.
Und überhaupt: Warum überhaupt pflegeleicht? Ist es nicht schön, im Garten aktiv zu sein? An frischer Luft einer "ehrlichen" Tätigkeit nachzugehen? Das Geld für das Fitnessstudio zu sparen? Ich finde, dass ist eine Überlegung wert.